Ob Old Money Style oder Quiet Luxury – der Look der Eliten ist definitiv zurück. Aber was heisst das genau?
Das Stil bekanntlich nichts mit Reichtum zu tun hat, wissen wir und sehen wir - leider - oft genug. Aber bedeutet Quiet Luxury (leiser oder stiller Luxus), dass wir lediglich auf protzige Logos verzichten, die (indirekt) auf den Preis des Kleidungsstückes hinweisen? Und mit dieser Unauffälligkeit vielleicht auch uninteressanter werden? Oder sagt uns der aktuelle Trend, dass wir möglicherweise weniger, dafür aber hochwertiger shoppen sollen?
Quiet Luxury ist die Kunst, die es versteht, Eleganz und Raffinesse ohne übertriebene Extravaganz zu zelebrieren. Im Fokus stehen dabei hochwertige Materialien, oft eine meisterhafte Handwerkskunst und ein minimalistisches Design. Die Looks und Accessoires beim Quiet Luxury Style setzen statt auf Prestige und Statussymbolik mit aufdringlichen Logos und grellen Farben auf subtiles, leises, dafür aber umso erleseneres Understatement und auf die Schönheit des Schlichten. Ein Style, der vom Kennerblick lebt, so wie in der ersten Folge der neuen HBO-Staffel von SUCCESSION, dem Serien-Epos um die sehr reiche Familie des fiktiven US-amerikanischen Medienmoguls Logan Roy, gezeigt wird: Ein schlichtes, dunkelblaues Loro Piana Baseball-Cap aus Cashmere. Eine sehr teure, aber unauffällige Uhr oder die monochrome Brunello Cucinelli und Brioni-Businessgarderobe vom Familienpatriarchen. Hier ist das Motto eindeutig: Menschen mit altem, also geerbtem Geld (Old Money), kleiden sich zurückhaltend, während Neureiche ihr selbst verdientes Vermögen in protzige, laute Mode mit Logos stecken. Kein Wunder also, dass in der Serie die grosse und auffällige Burberry-Bag der Freundin von Sohn Greg argwöhnisch betrachtet wird.
Luxus ohne Kompromisse
Für den Quiet Luxury Style setzen Modebewusste auf klassische, neutrale Farbtöne, schlichte Silhouetten und natürlich hochwertige Stoffe und sorgfältig ausgewählte Materialien. So wie anno dazumal die Ikonen Jacky O. oder Lady Di oder wie heute Martha Stewart, Gwyneth Paltrow, die britischen Royals, Mary Kate und Ashley Olsen oder Amal Clooney. Ganz wichtig dabei: Es gibt keine offensichtlichen, plakativen Markenlogos. Also genau das Gegenteil von auffälligen Instagram Looks. Klingt langweilig? Ist es aber nicht, wenn man auf die richtigen Quiet Luxury Pieces setzt und stilvoll kombiniert. Ein guter Tipp dafür sind Brands wie Zegna, Bottega Veneta, Tod´s, Hermès, Max Mara, The Row, Khaite, Brunello Cucinelli, Victoria Beckham, Jil Sander oder Ferragamo. Nachdem die selben anonymen Attribute auch für Schuhe und Taschen (die Leinwand für Logos schlechthin) gelten: Bei den Taschen von Ferragamo wird zum Beispiel das Label ganz subtil nur durch eine Signature-Schließe in Hufeisenform angedeutet. Quiet Luxury ist wohl mit ein Grund, dass auch die erste Kollektion von Phoebe Philo - Ex-Kreativdirektorin von Céline -, die im September erscheinen soll, bereits sehnsüchtig erwartet wird. Denn die mittlerweile 50-Jährige Chefdesignerin der französischen Maison baute diese zur ersten Adresse für erwachsene Frauen auf, die den perfekten Mix aus minimalistischem Luxus, originellen Details und Understatement schätzen.
Ein wesentlicher Aspekt von Quiet Luxury ist aber auch die Hinwendung zur Nachhaltigkeit, denn schliesslich halten qualitativ hochwertige Produkte länger und kommen selten aus der Mode. Und: Immer mehr Konsumenten suchen nach authentischen Produkten, die ethisch hergestellt werden und einen geringeren ökologischen Fußabdruck hinterlassen. In diesem Sinne bevorzugen mittlerweile viele Brands umweltfreundliche Produktionsmethoden und den Einsatz nachhaltiger Materialien. Der Fokus liegt darauf, dass Luxus nicht auf Kosten der Umwelt gehen muss, sondern im Einklang mit ihr existieren kann. Als Paradebeispiel dient hier das spanische Label Ecoalf.
Geht Quiet Luxury auch günstig?
Die korrekte Antwort auf diese Frage ist ein klares Nein. Nachdem sich natürlich aber nicht jede und jeder schnell mal ein weisses Basic Shirt um € 1.000,- kaufen kann (oder nicht möchte), funktioniert ein Styling à la Quiet Luxury (diese beiden Wörter machen den Unterschied aus!) auch mit weniger kostenintensiven Teilen von Brands wie zum Beispiel Arket, Cos oder Massimo Dutti, wenn es um das „Weniger ist mehr“-Prinzip geht. Mit weniger Budget geht es dann eben umso mehr um die nachhaltige Haltung. Zu den Wardrobe Staples zählen zum Beispiel weisse oder gestreifte Blusen und Hemden, ein gut sitzender Hosenanzug und die Alternative dazu - das Kostüm, eine klassische Jeans, eine minimalistische Ledertasche, zeitlose Loafers, Absatzsandalen und Pumps, ein Trenchcoat oder Mantel, ein neutraler Cardigan und farbneutrale Sneakers. Wer dennoch nicht auf Luxus-Brands verzichten möchte: einfach in einem Vintage Store oder Second Hand Laden vorbeischauen. Und last but not least gibt es auch bei unseren österreichischen Designern das eine oder andere Schnäppchen oder gar das Non plus ultra des Quiet Luxury Style: made to measure.