MADE IN JAPAN

von Alexandra Otto 03/05/2020
ENJOY SHOPPING!
MADE IN JAPAN

ODER WAS SHOPPING MALLS MIT JAPAN ZU TUN HABEN

Diese mittlerweile schon fast geflügelte Formulierung passt auf das Shopping-Umfeld vielleicht besser, als wir gedacht hätten und eben nicht nur auf das kleine, weiße Label im Inneren eines Kleidungsstücks. Bei der Recherche zur Entstehungsgeschichte moderner, privat- wirtschaftlicher Kaufhäuser stolpert man gleich zu Beginn über das Japan der sogenannten Edo-Periode. Edo, die damalige Bezeichnung von Tokio, bezeichnet die längste Friedenszeit der japanischen Geschichte – von 1603 bis 1868. Eine Phase, in der die japanische Wirtschaft aufblühte. Zeitgleich begann auch der vermehrte Transport von Handelswaren und damit der Anstieg von Handels- und Handwerks-unternehmen. 

Im Jahr 1673 wurde das Kaufhaus Echigoya gegründet. Dieses gilt heute unter dem Namen Mitsukoshi als die älteste  moderne Kaufhauskette der Welt. Zur fast gleichen Zeit wurden in England und Amerika die ersten Kaufhäuser  gegründet, der Eisenwarenhandel Bennett’s in Derby, das erste Vollkaufhaus Howell & Co auf der Pall Mall in London wurden eröffnet. In Paris entstand 1894 das Kaufhaus Galeries Lafayette. In Berlin eröffnete der deutsche Unternehmer Rudolph Hertzog ein nach ihm benanntes Manufakturwarengeschäft mit Versandhandel von Stoffen, Möbeln und Teppichen. In London eröffnete 1834 Harrod’s, welches auf Charles Henry Harrod zurückgeht – ein britischer Geschäftsmann, der seine berufliche Laufbahn als Müller begann, um sie als Business-Tycoon zu beenden. 

VON PARIS NACH WIEN

Spricht man von der Geschichte moderner Kaufhäuser, darf im Bereich Mode das House of Worth nicht ungenannt bleiben. 1858 in Paris gegründet von Charles Frederick Worth, reüssierte es innerhalb kürzester Zeit zum Mekka für Kleidung, Parfum und Accessoires für die Damen der besseren Gesellschaft. Mit einem der wohl besten Testimonials der damaligen Zeit, Kaiserin Eugénie, die Frau von Napoleon III, folgte die noble Kundschaft wie Schauspiellegende Sarah Bernhardt, Socialite Lillie Langtry oder die schwedische Nachtigall, Opernstar Jenny Lind wie von selbst. Niemand Geringerer als René Lalique persönlich entwarf den Glasflakon zum ersten Parfum des Hauses mit dem verheißungsvollen Namen Dans la Nuit. Von Paris um 1858 wagen wir den Sprung nach Wien. Das erste Warenhaus großen Stils, das ein ganzes Gebäude für sich in Anspruch nahm, entstand hier im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten, was vermutlich an den beschränkten Raumverhältnissen lag, erst 1865 und das war das Haashaus. In der Folge entstanden zahlreiche Warenhäuser, die zumindest den überwiegenden Teil der betreffenden Gebäude einnahmen, darunter das Porzellanwarenhaus Wahliss, die Warenhäuser Anton Kranner und Jakob Rothberger, das Teppichhaus Schein, das Geschäftshaus Zwieback sowie die Warenhäuser Esders (heute Leiner), Herzmansky, Gerngross und Stafa.

KAUFHAUS GERNGROSS

Gerngross war übrigens das größte Kaufhaus der Monarchie. Sollten Sie heute bei Gerngross einkaufen, dann wandeln Sie auf historischem Boden – ein durchaus interessantes Bonmot, das man gut und gerne bei seiner Shoppingbegleitung zum Besten geben kann, wenn man im Erdgeschoss des Kaufhauses durch ein wahres Duft- und Kosmetik-Eldorado schlendert. Zum 140. Jubiläum im Jahr 2019 hat sich das Traditionskaufhaus auch mit einem eigenen Concept-Store beschenkt, der junge Designer präsentiert. 

MANUFACTUM

Historisch von Bedeutung ist auch das Wiener Warenhaus Manufactum im ehemaligen Gebäude der Österreichischen Kontrollbank. Für den historischen Charakter sorgen hier zwei gusseiserne Säulen, während die großen Panoramafenster nicht nur für helles Tageslicht sorgen,  sondern auch einen einmaligen Blick auf den Platz „Am Hof“ bieten. 

PEEK & CLOPPENBURG

Wer neueste Trends aus aller Welt in hervorragender Lage und in einem architektonisch interessanten Design  entdecken möchte, ist hier genau richtig. Auf über 11.800 m2 und vier Ebenen begeistert das Weltstadthaus mit einem vielseitigen Marken-Portfolio. Wer gern mit zusätzlichem Wissen glänzt, dem sei gesagt, dass der Name dieser Kette sich aus den Namen der beiden Gründer Theodor Peek (1845–1907) und Heinrich Anton Adolph Cloppenburg (1844–1922), beides Geschäftsleute aus den Niederlanden, zusammensetzt.

STEFFL

Eine der ersten Adressen auf der Hauptschlagader der Wiener Innenstadt, was Shopping betrifft, ist Steffl The Department Store. Hier trifft internationales Flair auf Wiener Akzent. Sehr exklusiv kommt man hier von Kopf bis tatsächlich Fuß auf seine Kosten. Ich persönlich kenne keine besser sortierte und ausgewählte Schuhabteilung als jene im Steffl. Von Jimmy Choo, über Valentino bis hin zu Louboutin und vielen mehr findet man hier bestimmt das beste Flügelpaar für seine Füße. Vergessen Sie bitte nicht, Ihr Einkaufserlebnis mit dem „prickelnden Fräulein Rosé“ abzuschließen. Diese Gaumenfreude gibt’s im Glas und ist über den Dächern Wiens, im obersten Stockwerk des Kaufhauses, zu genießen. Übrigens ist das der einzige öffentliche Platz Wiens mit Blick auf das erneuerte Dach-Mosaik des Stephansdoms. Hier halte ich mich ausgesprochen gern auf ... 

BAHNHOFCITY

Etwas öfter zieht es mich aus beruflichen Gründen in die Bahnhofcity Wien Hauptbahnhof, denn ich pendle sehr oft zwischen Wien und Linz, an manchen Tagen sogar bis zu dreimal, mit dem Zug hin und her. Ich lebe fast am Bahnhof und im Zug und kenne darum jede noch so kleine Annehmlichkeit, die die 20.000 m2-Verkaufsfläche zu bieten hat. Ein Besuch bei Marionnaud, falls mir mein Make-up ausgegangen ist, Calzedonia als Rettungsdienst für die Laufmasche in meiner Strumpfhose, Thalia für die leichte Lektüre meiner Zugfahrten und unzählige Essensmöglichkeiten zum  Mitnehmen sind mehr als praktisch. 

DONAU ZENTRUM

Nicht ganz so neu wie das Shoppingerlebnis am Wiener Hauptbahnhof, dafür aber umso größer, präsentiert sich das Donau Zentrum. 1975 eröffnet, beträgt die heutige Verkaufsfläche sage und schreibe 100.750 m2. Hier kann man nach  einem Einkaufsbummel auch noch gleich den Kinobesuch mit Freunden einplanen. Wer seine Kinder während des Einkaufs in guter Betreuung wissen möchte, nutzt den sogenannten Dachboden Zauber – ein Eldorado für die allerkleinsten mit professioneller Betreuung. 

MILLENNIUM CITY

Moderne Geschichte im Kontext der Einkaufshäuser Wiens schreiben bestimmt auch die Post am Rochus, The Mall, die Ringstrassen-Galerien und die Millennium City. Letztere als architektonische Landmark: Sie ist das erste in Österreich errichtete Town-in-Town-Konzept und vereint Büro- und Wohnflächen mit Shopping- und  Entertainmentbereichen.

EIN BLICK AUF’S LAND

Lassen Sie mich aus Wien in die Bundesländer springen. Eines der schönsten Häuser für wahren und exklusiven Genuss beim Einkaufen findet sich im Herzen von Graz: Kastner & Öhler ist seit 1873 das größte Modeunternehmen in österreichischem Besitz und somit weit mehr als ein klassisches Kaufhaus. Der Einkaufstempel wird bereits in fünfter Generation geführt und beherbergt auf sechs Etagen über 500 internationale Fashion-Labels. Es ist außerdem bestimmt das einzige Haus, das Ihr persönliches Einkaufsvergnügen mit Live-Pianomusik aus der Champagnerbar  unterstützt. 

KAUFHAUS TYROL

Ebenso geschichtsträchtig ist das Innsbrucker Kaufhaus Tyrol, mitten in der Fußgängerzone um die Maria-Theresien-Straße gelegen. Seit 1908 kann man hier im Zentrum von Innsbruck einkaufen. Für die Architektur selbst leistete man  sich niemand Geringeren als Stararchitekt Sir David Chipperfield, was auch gleich mit der Auszeichnung zum schönsten und besten Einkaufszentrum Europas belohnt wurde. 

EUROPAPARK SALZBURG

Die Bundesländerreise bringt mich auch nach Salzburg. Wer sich hier nicht durch die Getreidegasse und ihre zahlreichen Touristen drängen möchte, der shoppt im Europark in Salzburg.

CITY ARKADEN KLAGENFURT

Direkt im Zentrum und trotzdem stressfrei zugänglich sind die City Arkaden Klagenfurt. Mit ihrer eleganten Gestaltung erfüllen sie höchste städtebauliche und architektonische Ansprüche und fügen sich wunderbar in das historische Stadtbild von Klagenfurt ein. Und draußen grüßt Sie dann der Lindwurm nach Ihrem Einkaufstag.

PLUS CITY LINZ

Meine Heimat, Oberösterreich, darf ich natürlich nicht unerwähnt lassen. Die Plus City Linz lässt bestimmt das Herz vieler höher schlagen. Gute Parkmöglichkeiten, unzählige Geschäfte, eigene Kinderbetreuung und ein umfangreiches  kulinarisches Angebot lassen die Zeit beim Einkaufen stillstehen. Tatsächlich könnte man hier sogar mehrere Tage verbringen, ohne jemals in den Verdacht von Langeweile zu kommen. Nach amerikanischem Vorbild kann man hier Konsum genießen und seine Tagesplanung ganz dem eigenen Vergnügen und dem der Familie widmen.

DER KUNDE IST KÖNIG

Sie sehen schon ... Einkaufen ist nicht nur eine Entwicklung der Jetzt-Zeit mit der unbändigen Lust am Geld ausgeben, sondern eine alte mit einer langen Kulturgeschichte. Die Edo-Periode in Japan hat es eingeläutet, und wir ziehen  Jahrhunderte später noch immer nach. Größer, höher, schöner ... Die Tempel, in denen wir unsere Einkaufstaschen füllen, überbieten sich selbst an Eleganz und Einfallsreichtum. Kritisieren Sie das bitte nicht – sie tun es zu Ihren Gunsten! Zugunsten des Kunden. Denn der Kunde ist und bleibt König … Das wusste selbst ein wegweisendes „Made in Japan“ schon lange, bevor diese Wortgruppe auf eine abenteuerliche Weltreise ging.

Zur gesamten Geschichte geht es hier entlang:  https://issuu.com/www.medianet.at/docs/shopping_guide_2020_de_web/234

Ihre

Silvia Schneider

Foto: Fassade Otto Wagner Steffl