Ein "Best of" der Mailänder Modewoche

von Alexandra Otto 04/03/2021
ENJOY SHOPPING!
Ein "Best of" der Mailänder Modewoche

Eine ganze Woche lang - vom 23. Februar bis zum 1. März 2021 - stand Mailand wieder einmal ganz im Zeichen der Mode. Präsentiert wurden die Ready-to-wear-Kollektionen der Womenswear für den kommenden Herbst/Winter 21/22. Ohne Publikum, aber dafür Online in insgesamt 61 Shows, 57 Präsentationen und sechs Events. Leider ohne Bottega Veneta, Jil Sander und Gucci, aber dafür mit vielen anderen Brands und Marken, die zukunftsorientierten Optimismus versprühen. Wir haben ein "Best of" der sehenswertesten Kollektionen zusammengestellt. 

Alberta Ferretti

Alberta Ferretti hält es für den Herbst eher real. Das Video, das sie am ersten Tag der Mailänder Modewoche  präsentierte, wurde als richtige Runway-Show inszeniert - keine künstlerischen Experimente, aber eine solide Wiedergabe dessen, was wir uns alle erhoffen, sobald die Umstände dies zulassen. "Ich bin eine Frau, die für Frauen entwirft", sagte Ferretti. „Wie könnte ich ihre Bedürfnisse nicht berücksichtigen? Realistisch zu sein bedeutet jedoch nicht, sich auf den Banalitätsmodus einzustellen." Ferretti konzentriert sich in der Kollektion eindeutig auf Daywear in einer eher dunkel gehaltenen Farbpalette aus Schwarz und Anthrazit in Kombination mit Olivgrün, Rotkehlchen-Ei-Blau und Senfgelb und richtet ihr Augenmerk besonders auf unterschiedliche Materialien und aufwändige Texturen, um Sinnlichkeit und Taktilität zu vermitteln. Aber was ist spezieller als ein fabelhaftes Abendkleid, das natürlich Ferrettis Stärke ist? Mindestens zwei fabelhafte Kleider! Denn die Entscheidung fällt schwer bei den dramatisch-schwarzen oder güldenen Kleidern, die Glamour pur sind. "Sich schön zu fühlen, gibt dir Kraft", so Ferretti. "Als Frauen brauchen wir alle Kraft, die wir aufbringen können, um zu kämpfen, da wir noch so viele Schlachten zu gewinnen haben." Stimmt. Das Video dazu gibt es hier.

Brunello Cucinelli

Neue Bedürfnisse und Routinen bestimmen den Rhythmus unseres täglichen Lebens und formulieren klare Kriterien für eine neue Art von Mode. Die Natur zeigt uns den Weg, den wir gehen müssen und ist so auch die beste Muse für die regenerativen Fähigkeiten, die für unser Wohlbefinden sorgen. Kleidung ist nicht mehr nur ästhetisch oder funktional, sondern soll einen Wohlfühlstil ausdrücken, der auf der Verbindung von Vergnügen und Arbeit beruht. Innen, Außen, Privat und Öffentlich - ständig verwischen unsere Grenzen und hauchen unserer Tageskleidung neues Leben ein, das vielseitig und spontan, minimalistisch und raffiniert sein soll, aber ohne Details zu vernachlässigen und Komfort und Eleganz definitiv miteinander verbindet. Und das gelingt Brunello Cucinelli mit viel Kaschmir, Seide, Mohair und Alpaka in natürlichen Farben, die im Idealfall in harmonisierendem Ton-in-Ton getragen werden. Das Video dazu gibt es hier.

Dolce & Gabbana

Die italienische Kultbrand führt uns mit der in Mailand spektakulär präsentierten Kollektion "Next Chapter" eindeutig zurück in die 90er-Jahre. Angelehnt an die damaligen Supermodels und Trends, die die Modewelt dominierten, wurde diese Dekade neu interpretiert und mit der digitalen und Hightech-Realität von heute verschmolzen. Das Ergebnis sind Silhouetten mit dominanten Schultern, viel Oversize, viel Metallic, Neonfarben (und die Kombi Schwarz/Weiss) und ein (gewohnt) wilder Muster- und Farbmix. Den Kreis zwischen der digitalen und der realen Welt schliessen die  beiden  humanoiden Roboter "iCub" und "R1", die ebenfalls auf dem Catwalk zu sehen waren. Das Video dazu gibt es hier .

Etro

Veronica Etro liess sich für ihre H/W 21/22 Kollektion eindeutig vom Freigeist und Rebell Jimi Hendrix inspirieren - in Kombination mit der typischen Etro-DNA und dem angesagten Streetwear-Style, der gekommen ist, um zu bleiben.  Oversize-Anzüge im Mix mit Brokat und Paisley treffen hier auf (Schulterbetonende) Mäntel und Anoraks im Patchwork-Stil und mit vielen Fransen. Strick, Blusen und auch Gilets, die mit um die Taille gebundene Gürtel unsere Feminität betonen, sind genauso zu finden wie Overknees zu Leggings und Bomberjacken.  Das Video dazu gibt es hier.

Fendi

Kim Jones stellt die H/W 21/22 Kollektion ganz unter das historische Erbe des Hauses Fendi. Die Frage aller Fragen, die sich dabei stellt: Wo genau fängt man beim römischen Modeimperium damit an? Wie Rom selbst strotzt dieses Haus vor Designdenkmälern, historischen Wahrzeichen und verführerisch schönen Ausblicken. Ebenso wie Rom selbst wurde Fendi nicht an einem Tag erschaffen - Adele und Eduardo Fendi eröffneten 1926 ihr erstes Geschäft in der Via del Plebiscito und brachten sechs Jahre später ihre ersten Selleria-Taschen und Lederwaren auf den Markt. Seitdem ist ziemlich viel passiert. Und genau diese unzähligen Aspekte der Fendi-Geschichte werden in der Kollektion zu einem Ganzen zusammenfügt. Die Models gingen dabei durch eine Gruppe von Damien Hirst-Vitrinen, in denen eine Vielzahl von architektonischen Fragmenten verstreut waren, ähnlich denen, die das Forum Romanum (in dem auch die Show präsentiert wurde) schmücken. Die Looks sind alle in neutralen Farbtönen gehalten, so wie die Mineralfarben der Stadt, die in der Geschichte von Fendi dominant sind. Pelze mit Fransen in kontrastierendem Fischgrätenmuster, gestreifte Seidenhemden von Pequin und Teile aus Wildleder erinnern an Fendis erste große Blütezeit unter der Leitung der fünf Töchter der Gründer - Paola, Anna, Franca, Carla und Alda . Sie waren es auch, die 1965 Karl Lagerfeld rekrutierten, und der sich verantwortlich für die berühmte Tasche, deren F-gerahmter Griff an sein berühmtes „Fun Fur“ aus dieser Zeit erinnert, zeichnet. Und auch für die mehr als 70.000 Lagerfeld-Skizzen im Hausarchiv, die Silvia Venturini Fendi Jones während seines Eintauchens in die Geschichte des Haus gezeigt hat. Und nun ist Jones an der Reihe, das geschichtsträchtige Haus in die nächste Ära zu führen. Das Video dazu gibt es hier.

Giorgio Armani

Giorgio Armanis Kollektion erinnert ein wenig an "The Age of Aquarius". Teilweise wegen der Farben Grün und Türkis, teilweise wegen der verträumten Bubblemuster. Schrille Farben sucht man hier vergeblich. Die Kollektion hält sich farblich eher bedeckt, dafür spielen (opulente) Rüschen eine grosse Rolle. Mäntel, Jacken und Blazer als schützende Hüllen sind zahlreich vertreten, dafür fehlen High Heels in der Kollektion gänzlich. Armani sieht uns - zumindest im nächsten Herbst - ausschliesslich in flachen Schuhen. Das Video dazu gibt es hier.

Max Mara

Britischer Stil trifft auf italienischen Touch. Authentisch und manchmal auch exzentrisch. Das ist bei Max Mara von Anfang an ein wiederkehrendes Thema und lebt in der "1951"-Jubiläumskollektion zum 70-jährigen Bestehen der Marke weiter. Max Mara zeichnet dabei das Bild von einer Frau, die - wie eine Königin - in der Lage ist, mit diskretem Charme und Klugheit aus jeder Situation das Beste zu machen. Dabei treffen gedeckte Farben wie - das für die Marke typische - Beige auf Moosgrün und Safran, Kopftücher und Sonnenbrillen werden zu teils sehr rustikalen Looks kombiniert. Auffällig auch hier, dass es fast keine High Heels zu sehen gibt. Das Video dazu gibt es hier.

Moschino

"Lumière! Musique!" Moschino findet, dass es an der Zeit ist, für eine abenteuerliche Reise in das heilige Land der Mode. Business-Kleidung? Check! Freizeitmode? Check! Ein Abend in der Oper? Check! Hollywood-Heldin? Check! Jeremy Scott, Kreativdirektor von Moschino, entführt uns mittels eines aufwändig produzierten Films in den Glamour von "good old Hollywood" - mit Stars wie Dita Von Teese und Winnie Harlow und ermutigt uns, einfach in jeder Lebenssituation auf das Tragen der Teile der Jungle Red-Kollektion zurückzugreifen. Das Video dazu gibt es hier - PRÄDIKAT SEHENSWERT!

Prada

Die Womenswear-Kollektion von Miuccia Prada und Raf Simons ist von der Idee des Wandels und der Transformation inspiriert und eröffnet unzählige Möglichkeiten. Eine Verschmelzung unterschiedlicher Themen und Absichten spiegelt dabei die Natur der Menschheit wider: nämlich der Glaube an die Tatsache, dass Männer und Frauen jeweils das Männliche und Weibliche in sich tragen. Eine tragende Rolle übernehmen Mäntel, Jacken und Gilets - bevorzugt in Oversize, aber in unterschiedlichsten Materialien. Neben der traditionellen Farbe Schwarz gibt es aber dieses Mal auch viel Buntes zu sehen, jedoch immer im Spiel zwischen maskulin und feminin. Das Video dazu gibt es hier.

Salvatore Ferragamo

Ähnlich wie bei Dolce & Gabbana sieht Paul Andrew die Zukunft der Mode futuristisch-hoffnungsvoll und ähnlich wie Moschino produzierte er für seine Vision von "Future Positive" einen aufwändigen Film. Eine neue Gegenwart, in der Archetypen des Schneiderhandwerks rekonstruiert und mit charakteristischen Elementen aus Military, Motorradbekleidung, Athleisure, Tauchsport und vielem mehr neu aufgemacht werden. Hemden, Teile aus Mohair, Schuhe und Accessoires sorgen für eine komplementäre Verbindung mit edlen Monochromien, Capes und Mäntel glänzen neben Arbeitsparkas, dünne Strickwaren enthüllen abstrakte Tarnmuster, drapierte Jerseyteile und Metallic-Strick lässt die Kollektion strahlen. Space-Biker Stiefel, Scuba-Sneaker und gummierte Nappa-Clogs zeigen den  markanten F-Absatz von Ferragamo, verziert mit leuchtenden Kristallen und Metallbeschichtungen. Nano-Trifolio-Taschen aus gummiertem Nappa wechseln sich ab mit dem futuristischen Design der Reisetasche für Herren. Die Kollektion umfasst desweiteren eine Vielzahl von nachhaltig hergestellten Materialien und Komponenten: von chromfrei und ohne jegliches Metall gegerbtem Leder bis hin zu Wolle und Kaschmir aus Pre- und Post-Consumer-Recyclingfasern; von der Sohle aus zertifiziertem Holz aus verantwortungsvoller Waldwirtschaft bis hin zu pflanzlich  gegerbtem Leder nach einem zertifizierten, umweltschonenden Verfahren. Das Video dazu gibt es hier.

Valentino

Eines der jährlichen Highlights in Mailand ist immer die Show von Valentino. Das war auch heuer nicht anders. Als Ort des Geschehens wurde das Piccolo Teatro di Milano ausgewählt, für die musikalische Untermalung sorgte das Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi gemeinsam mit der britischen Sängerin Cosima. Gezeigt wurden monochrome Basics hauptsächlich in Schwarz und Weiss, Pullover und Mäntel in Oversize und Cut-Outs, transparente Kleider und geometrische Muster. Alles in allem leicht punkig angehaucht und wie immer großartig und stimmig. Das Video dazu gibt es hier.

Credits: milanofashionweek.cameramoda.it